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Dscherro
Ewigkeit
Dscherro

Am Tage, als die Dscherro kamen (oder auch Terra, diesmal nicht in Trance)

eine Geschichte aus einem parallelen Universum ohne Bezug zu tatsächlichen oder fiktiven Ereignissen

von Rob 1997

Terrania City, Erde, Liga Freier Terraner. September 1289 Neuer Galaktischer Zeitrechnung.

Oberst Bert H. Kresche drehte sich zu den anwesenden Offizieren und Unteroffizieren des Erkundungskommandos Faktorelement um. Das Projektionsfeld hinter ihm zeigte die Umrisse der sieben Kilometer hohen Faktordampfbarriere im Stadtgebiet von Terrania.

"Männer und Frauen, die Situation stellt sich wie folgt dar: Seit nunmehr vierundzwanzig Stunden befindet sich im Stadtgebiet der Erdhauptstadt Terrania eine sogenannte Faktordampfbarriere. Diese Barriere blockiert sämtliche optischen und akutischen Wahrnehmungen, aber auch die von Normal- und Hyperortungssystemen verwendeten Frequenzbereiche. Es ist vollkommen unklar, wer oder was sich im Inneren dieser Barriere befindet und was mit den Einwohnern des entsprechenden Gebietes passiert ist.

Teile der Regierung, darunter auch die Erste Terranerin, gehen davon aus, daß es sich um ein aus dem Heimatsystem der Nonggo hierher transferiertes Gebiet handeln muß. Da die Nonggo sich als äußerst friedfertige Wesen erwiesen haben, erhielten wir den Befehl, nicht mit massiver militärischer Gewalt in das Gebiet einzudringen." Stimmengemurmel setzte kurz ein, verstummte aber, als die militärische Disziplin nach einem Handzeichen des Obersten wieder die Oberhand gewann.

"Tatsache ist jedoch, daß ein in das FaD-Gebiet geschicktes diplomatische Kommando, geführt von Coeru Pinguard, einem der Vertreter des Terranischen Kommissars Cistolo Khan, seit nunmehr sechs Stunden überfällig ist. Dieses unbewaffnete Vorkommando, bestehend aus zehn Menschen und vierzig sogenannten Garde-Robotern, hätte sich bereits vor zwei Stunden per Boten melden sollen. Dies ist nicht geschehen.

Erschwerend kommt hinzu, daß sämtliche eingesetzten Spionsonden Totalausfälle zeigen.

Der Terranische Kommissar hat uns daher den Befehl zu einer bewaffneten Erkundungsmission erteilt. Die zweite und dritte Kompanie, also insgesamt 500 hervorragend ausgebildete und ausgerüstete Elitesoldaten, werden gemeinsam mit 1000 Kampfrobotern des Typs Tara V UH in die Region eindringen. Zweck der Mission ist, verläßliche Informationen über die Zustände im Inneren der Barriere zu liefern, damit weitere Maßnahmen entschieden werden können.

Ich weiß, viele von euch werden die diplomatische Mission für einen schweren taktischen Fehler halten. Ich schließe mich dem an, habe aber Verständnis für die Lage der Ersten Terranerin, die eventuelle Nonggo nicht gefährden wollte."

"Aber Sir, hätte man nicht wenigstens für einen angemessenen Schutz der Delegation, zum Beispiel  durch Mitführung von Paratronprojektoren in den Garderobotern, sorgen müssen?" "Ich stimme dir zu, Hauptmann Jones, aber was geschehen ist, ist geschehen. Wir werden diesen Fehler nicht wiederholen, nicht wahr, Jungs und Mädels?" "Nein, Sir", antwortete ein Chor von Männern und Frauen.

"Einsatzbereitschaft in 30 Minuten. Letzte Lagebesprechung erfolgt über Funk unmittelbar vor der FaD-Barriere. Nicht vergessen, es könnte auch harmlose Gründe für das Schweigen der Diplomaten geben. Sollte aber eine Gefahr für die Menschheit vorliegen, ist jeder weitere Zeitverlust vielleicht tödlich für Millionen."

 

Genau sechsundzwanzig Minuten später. Die schweren Kampfgleiter und Kampfroboter des Erkundungskommandos hatten sich positioniert, um von Norden, Nordosten und Nordwesten in das Faktorelement vorzustoßen.

"Männer und Frauen, hier spricht Oberst Kresche. Unsere vorgeschickten Spionsonden sind sämtlich nicht zurückgekehrt. Daher müssen wir davon ausgehen, daß der Gegner uns bereits erwartet. Ich habe  mich mit dem Terranischen Kommissar abgesprochen. Wir haben den Befehl, mit aktivierten Paratronfeldern in die Zielregion vorzustoßen."

"Sir, ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, daß Paratronschirme in einer Atmosphäre durch Wechselwirkung mit den Luftmolekülen letztere in den Hyperraum abstrahlen." "Du denkst mit, Fred, aber nicht weit genug. Offenbar bist du nicht mit den letzten Berechnungen NATHANS und des Forschungsteams Titan vertraut: Der Kapazitätsverlust von Paratronschirmen durch Luftabstrahlung beträgt bei Reisegeschwindigkeiten unter 1.000 km/h maximal 0,002 Prozent. Die Menge abgestrahlter Luftmoloküle ist so gering, daß wir einen Schirm um ganz Terrania City eintausend Jahre lang betreiben könnten, bevor die Dichte der Erdatmosphäre um einen halbwegs meßbaren Betrag abgenommen hätte.

Ich weiß, die Boulevardpresse verbreitet regelmäßig pseudowissenschaftlichen Unsinn über Paratronschirme in der Atmosphäre eines Planeten. Diese Leute übersehen, wie gering die durchschnittliche Gasdichte in einer Atmosphäre überhaupt ist, und wie wenige dieser Moleküle dann mit dem Schirm kollidieren. Auch Erzählungen von einem durch Paratronabstrahlung in die Atmosphäre gerissenen Vakuum sind hanebüchener Unsinn.

Außerdem: Ich denke, jeder von uns entmaterialisiert lieber ein paar Luftmoleküle, als daß er selbst zerstrahlt wird, was?"

 

In drei eng geschlossenen Stoßkeilen drangen die Einheiten des Erkundungskommandos in die Faktordampfbarriere vor. Die vierfach gestaffelten Paratronfelder umgaben sie als wallende, sich mehrfach überlappende Kugelschale. Diese Felder waren die stärkste den galaktischen Zivilisationen bekannte Defensivwaffe. Übernommen von den Bestien aus M87 und weiter perfektioniert, funktionierten sie als Dimensionstransmitter, die sämtliche Energie oder Materie, die auf sie auftraf, in den Hyperraum abstahlten. Solche Felder waren nur durch ungeheure Angriffsenergien zu knacken, und sie konnten im Extremfall durch die überlichtschnell arbeitenden Steuersyntroniken noch punktuell verstärkt sowie durch zusätzliche HÜ-Felder unterstützt werden.

Hinter präzise geschalteten Strukturlücken glühten abstrahlbereit die Mündungen der schweren MVH- und Transformgeschütze. Letztere konnten Bomben bis zu einem Kaliber von 10 Gigatonnen TNT verwenden, dies verbot sich aber in einer planetaren Umgebung dieser Art von selbst. Daher wurden relativ "kleine" Ladungen von 0,1 Kilotonnen geladen, was aber immer noch ausreichte, in einem hundert Meter durchmessenden Bereich umfassende Verwüstungen anzurichten.

"Hier spricht der Kommandant. Alle Waffen sind in Bereitschaft zu halten. Feuereröffnung nur auf Befehl oder bei eindeutig erkanntem Angriff."

Die schimmernde Wand der FaD-Barriere wurde durchdrungen. Im gleichen Moment begannen die Schwierigkeiten. Der Funkaustausch zwischen den drei Stoßtrupps setzte sporadisch aus, und die Sensoren der Roboter, Gleiter und Infanteristen zeigten nur noch verwaschene Bilder.

"Achtung, es gibt Kommunikationsprobleme. Noch ist unklar, ob es sich um einen Angriff oder nur um normale Effekte der FaD-Barriere handelt. Bisherige Messungen während der Existenz des Heliotischen Bollwerks lieferten keine ähnlichen Probleme, dennoch könnte in nur durch den Ausfall des Bollwerks bedingter Störeffekt vorliegen. Ich befehle erhöhte Vor..."

Die Stimme des Obersten ging im plötzlich einsetzenden Dröhnen und Knistern unter. Stoßtrupp Mitte lag offenbar unter dem Beschuß eines unbekannten Gegners, und vermutlich ging es den anderen Einheiten genauso. Von drei Seiten rauschten kopfgroße Kugeln aus schimmernder Energie auf die Paratronstaffel zu. Wo sie auftrafen, entfalteten sie sich zu einem irisierenden Netz.

Die Zellen der Kampfgleiter dröhnten, da die Schirme nicht die ganze kinetische Energie abstrahlen konnten. Aber noch hielten die Schutzschirme. Die Syntroniken begannen sofort, Hilfsenergie zu ihrer Verstärkung umzuleiten. Zusätzlich wurden HÜ-Felder aufgebaut, um die besonders geschwächten Bereiche zu schützen.

"Hier spricht Oberst Kresche. Ein unbekannter Gegner greift mit fortgeschrittener Waffentechnologie an. Feuer frei, Ziele nach eigenem Ermessen auffassen. Feuererlaubnis auch für Transformkanonen. Einheit eng zusammenschließen und Rückzug in Richtung Barriere."

Nun begannen die Waffen der terranischen Kampfeinheiten zu sprechen. Die Ortungsstörungen machten in der Anfangsphase ein Zielen faßt unmöglich, bis es endlich gelang, diese zu kompensieren. Daher wurde ein Sperrfeuerring aus Transformenergie in die nähere Umgebung des Kampfverbandes gelegt. Kunstsonnen glühten auf.

Dann endlich eine Zielerfassung. Die unbekannten Gegner besaßen offenbar sowohl luftgestützte als auch Bodeneinheiten unterschiedlicher Größe. Eine Analyse der Waffenstrahlen zeigte, daß sie neben der zuerst verwendeten, offenbar zur Störung von Hyperenergiesystemen gedachten Waffe auch konventionelle Energiestrahlen und eine den Intervallkanonen ähnliche Technologie einsetzten.

Keines der Systeme reichte aber aus, um den vereinigten Paratronschirm der terranischen Einheiten zum Zusammenbruch zu bringen. Lediglich einige punktuelle Durchbrüche führten zum Ausfall weniger Roboter und eines Kampfgleiters.

Das terranische Gegenfeuer zeigte sich allerdings ebenfalls als nicht sehr effektiv. Die Unbekannten verfügten über stabile Schutzschirme, die nur durch Punktfeuer oder direkte Transformtreffer zum Zusammenbruch zu bringen waren. Hinzu kamen die immer noch aktuellen Zielerfassungsprobleme aufgrund unbekannter Störfelder.

"Rückzug. Wir müssen die Informationen nach Hause bringen."

Gesagt, getan. Die terranischen Verbände steuerten erneut die Faktordampfbarriere an. Die Gegner konnte sie nicht daran hindern. Versuche einzelner Einheiten, den Fluchtweg zu versperren, endeten schnell im kompromißlosen Dauerfeuer aus den MVH-Geschützen der Tara-V-Roboter.

Keine zehn Minuten später war es geschafft. Das Erkundungskommando Faktorelement hatte die Barriere erneut durchdrungen, und zu einer Verfolgung war es nicht gekommen.

Bestandsaufnahme. Während Oberst Kresche sofort Funkkontakt mit dem HQ-Hanse aufnahm, um Bericht zu erstatten, versuchten die Funker, Verbindung zu den anderen Stoßtrupps herzustellen. Sanitätsfahrzeuge und Medoroboter näherten sich von allen seiten zur Versorgung der Verletzten.

Wenig später hatte man Gewißheit. Auch den anderen Erkundungstrupps war nach schwerem Feindbeschuß der Rückzug gelungen. Alle Einheiten hatten nur geringe eigene Verluste zu beklagen, und sie bestätigten den Angriff mittels konventioneller und hyperenergetischer Waffen. Die folgende Auswertung der Bildaufnahmen und Funkmitschnitte vom Gegner würde nun hoffentlich zeigen, mit wem man es zu tun hatte.

 

"Die Unbekannten nennen sich selbst offenbar Dscherro." Hinter Dr. Henderson, dem Chefwissenschaftler, flimmerte eine sich drehende lebensgroße Holoprojektion. Sie zeigte ein etwa 1,65 Meter großes, äußerst kräftig gebautes extraterrestrisches Wesen, dessen prägendes Merkmal ein großes Stirnhorn war.

"Ihre wesentliche Bewaffnung besteht aus einem System, welches den 5-D-Bereich schwer zu stören vermag, jedoch gegen starke Paratronfelder wie gesehen relativ wirkungslos bleibt. Hinzu kommt eine Reihe seltsamer Flugminen" - eine Projektion zeigte einen zwanzig Zentimeter durchmessenden Kugelkörper mit Antennen- " die sich selbst steuern und offenbar Quellen von Funk- oder Ortungsimpulsen anpeilen. Ebenfalls nutzlos gegen Paratronfelder, da die Energieladung zu klein ist." Oberst Kresche bestätigte dies: "Wir haben erst aus den Sensorlogs überhaupt von der Existenz dieser Minen erfahren." Die anwesenden Menschen grinsten.

"Weiterhin benutzen die Dscherro zwei Typen von Fluggeräten, darunter eine Einmann-Flugscheibe, die offenbar mit einem Rauch- und Schallgenerator versehen ist. Wir nehmen an, daß dieses System der Einschüchterung primitiver Eingeborener dient." Weiteres Grinsen. "Das größere Fahrzeug ist eine Art Truppentransporter. Beide Typen sind schwer armiert, vor allem mit der erwähnten 5-D-Störwaffe."

Ein weiter Wissenschaftler meldete sich zu Wort. "Die anderen Waffensysteme sind herkömmlicher Natur. Es handelt sich um den Impuls- und Thermowaffen ähnliche Energiestrahler sowie um eine Art Weiterentwicklung der Intervallkanone. Wie die Auswertung der Gefechtsdaten gezeigt hat, können alle erwähnten Waffen einem stabilen Paratronfeld nur bei massivem Dauer- oder Punktbeschuß gefährlich werden. Wir schlagen daher folgendes Vorgehen vor..."

 

Zwei Stunden später begann die lunare Großsyntronik NATHAN, den ausgearbeitenen Plan gegen die Dscherro umzusetzen. Hierbei stand die Sicherheit der Bevölkerung an erster Stelle. Erst wenn diese gewährleistet war, würde wieder aktiv gegen die Dscherro vorgegangen werden.

 

"Bewohnerinnen und Bewohner von Terrania. Seit einiger Zeit erhebt sich im Gebiet Terrania-Süd eine sogenannten Faktordampfbarriere. Wie wir mittlerweile feststellen mußte, befinden sich im Inneren dieses Sektors nicht etwa die bereits bekannten friedlichen Nonggo, sondern eine bisher vollkommen unbekannte, extragalaktisch Rasse, die sich selbst als Dscherro bezeichnet.

Dieses Volk ist offenbar äußerst kriegerisch, da es auf unsere Erkundungseinheiten sofort und kompromißlos das Feuer eröffnet hat. Das diplomatische Vorauskommando unter Coeru Pinguard muß daher leider als Totalverlust angesehen werden.

In enger Zusammenarbeit haben die LFT-Regierung und NATHAN den folgenden Sicherheitsplan ausgearbeitet:

Das Innere des Faktorelements wird mittels kleiner Beobachtungskameras, welche ihre Signale über Glasfaserkabel übertragen, konstant unter Beobachtung gehalten. Diese Überwachung erstreckt sich auch auf die subterranen Einrichtungen im Grenzgebiet der Barriere. Zum Schutz vor Untertunnelung sind dort zusätzlich hochempfndliche seismische Sensoren installiert worden.

Ein Streifen von dreihundert Metern Breite um die FaD-Barriere wird hiermit zur Sicherheitszone erklärt. Alle Einwohner haben diese Region umgehend zu verlassen. Bitte folgt den Anweisungen der Sicherheitskräfte. Ausweichquartiere in anderen Gebieten der Stadt und ihrer Umgebung sind bereits zur Verfügung gestellt worden.

In der Sicherheitszone ist der Aufenthalt nur mit Sondergenehmigung Alpha-Rot gestattet. Patrouillen der Heimatstreitkräfte mit schwerem Gerät werden die Zone überwachen, um ein weiteres Vordringen der extragalaktischen Invasoren zu verhindern.

Überschwere Paratron- und Hü-Projektoren werden gerade rund um die FaD-Barriere in Stellung gebracht. Syntronische Direktschaltungen ermöglichen es, bei Versuchen des Feindes, ins Statdgebiet vorzudringen, sofort einen Glockenschirm um das Gebiet zu legen. Die Meßwerte unserer Vorkommandos haben ergeben, daß die Dscherro nicht in der Lage sind, einen Paratronschirm dieser Stärke zu durchdringen. Dennoch werden für den Notfall mehrere Geschwader der Heimatflotte unter Führung des Nova-Kreuzers ORION bereitgehalten.

Außerdem wurden starke robotisch gesteuerte Narkose- und MVH-Batterien am Rand der Sicherheitszone in Stellung gebracht.

Wir werden euch über die weitere Entwicklung informieren und denken, daß wir diese Gefahr für die Menschheit schnell unter Kontrolle bringen werden.

NATHAN Ende."

 

Nicht auszudenken, was der Menschheit widerfahren wäre, ohne das schnelle und entschlossene Handeln ihrer fähigsten Köpfe. Vermutlich wäre die Hauptstadt der Erde dem Erdboden gleichgemacht worden, mit unzähligen Toten und Verletzten, und Terra hätte Jahre gebraucht, um sich von diesem Schlag zu erholen. Aber solch eine Annahme wäre nichts als eine pessimistische Gedankenspielerei, nicht wahr?

 

In memoriam Karl Herbert Scheer, der diesem Stoff maximal einen Roman zugestanden hätte

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